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Die Kunst von „ANNIE: Anfänge“

Die Entwickler von „ANNIE: Anfänge“ sprechen über die Technik hinter dem handgemalten Stil und den einzigartigen Flammen.

Von DyQuill

Wenn du dich vor etwa einem Jahr in die entferntesten, dunkelsten Ecken von Riot Games verirrt hättest, wäre dir wahrscheinlich eine kleine Gruppe von Künstlern aufgefallen, die bei schwachem Licht zusammengedrängt darüber diskutieren, wie man Feuer ein handgemaltes Aussehen verleihen kann. Das „Annie-Team“ hat viel Zeit damit verbracht, untereinander zu debattieren und ihren Teil des Gebäudes mit Referenzen und Skizzen zu tapezieren – ein verrückt gewordenes Studio-im-Studio, das davon besessen war, das perfekte Verfahren und Medium für die zukünftige Hintergrundgeschichte von Annie zu finden.

Aber der ursprüngliche Funke für die Idee war entfacht worden, lange bevor es überhaupt ein Team gab.

ZÜNDSTOFF

Wir schrieben das Jahr 2012 und die ersten animierten Anmeldebildschirme feierten ihren Einzug in den League-Client. Diese 2D-Grafiken, die durch sorgfältige Verzerrungen Bewegungen imitieren, kamen sofort gut bei den Spielern an und wurden ein fester Bestandteil jeder neuen Championveröffentlichung. Aufgrund der großen Beliebtheit dieser animierten Grafiken (wie z. B. der von Diana) stellte sich ein künstlerischer Leiter eine scheinbar einfache Frage: Wie würde einer dieser Anmeldebildschirme in Dauerschleife als längere, animierte Geschichte aussehen?

Die Idee war verlockend, aber es gab dabei ein Problem: Die Künstler für animierte Grafiken bei Riot verwendeten eine komplett andere Technologie und andere Methoden als klassisch ausgebildete 2D-Animatoren. Eine Animation über mehrere Minuten verlangt im Vergleich zu den animierten Grafiken eine neue Herangehensweise, die weit über die übliche Wiederholungsschleife hinausgeht.

Es dauerte etwas, ein Team mit der flammenden Begeisterung für etwas zu finden, das bei Riot (oder irgendwo anders) noch nie jemand gemacht hatte. Und es dauerte noch länger, Riot – und sich selbst – davon zu überzeugen, dass sie es umsetzen konnten. Letztendlich lernten sie nicht nur ein neues Entwicklungsverfahren für animierte Grafiken. Sie erfanden eins.

ANNIES GESCHICHTE VERTIEFEN

Zuerst mussten sie allerdings einen Champ wählen.

„Ursprünglich wollten wir was für Zed machen und dann dachten wir über Miss Fortune nach“, sagt der Regisseur Anthony „RiotPastaBomb“ Possobon. „Aber andere Teams arbeiteten bereits an ein paar Ideen für diese Champions. Wir wollten etwas mit einem Champion machen, an dem sonst niemand interessiert war, damit wir anderen Projekten nicht in die Quere kamen.“

Als RiotPastaBomb und das Team für animierte Grafiken die Leaguebesetzung nach einem Hauptcharakter durchforsteten, schien Annie zunächst nicht wie eine ansprechende Protagonistin. Sie hatte bereits einen Videoauftritt gehabt, aber für viele Rioter war sie keiner der Hauptcharaktere in der Welt von Runeterra. Ihre Geschichte war einfach zu oberflächlich.

„Sie war ein böses Mädchen und nichts weiter“, sagt RiotPastaBomb.

Das Team dachte darüber nach, wie Annie ihre Kräfte entdecken könnte – der erste Funke einer Persönlichkeit, die zu gleichen Teilen vorwitzig und psychopatisch ist. Nach einigen Entwürfen hatten sie einen Umriss für Annies Hintergrundgeschichte, die ihren Charakter vertiefen sollte und hoffentlich Spieler auf eine Art beeindrucken konnte, die ihr bisher gefehlt hatte.

Szenenbuch von Seung Eun Kim

„Wir erstellten ein Szenenbuch und verwandelten es in eine Animation mit Untertiteln. Als Hintergrundmusik verwendeten wir „Orb of Winter“, um einen Eindruck der Stimmung zu vermitteln“, erinnert sich RiotPastaBomb. „Und wir bekamen grünes Licht für unsere Arbeit.“

EIN AUFSCHLUSSREICHES EXPERIMENT

Das Team startete das Projekt offiziell mit einer „Stimmungsmontage“, um mit dem angepeilten Stil und Gefühl zu experimentieren. Das ist eine Sammlung visueller Referenzen von Formen und Farben bis hin zum allgemeinen Ton und Kernemotionen.

„Anfangs sammeln wir alles, um Inspiration zu finden. Manchmal verwenden wir auch Referenzen, die nicht mit dem Projekt zusammenhängen – wie Dinge, die uns einfach gefallen, die uns inspirieren und bewegen. Wir verwenden sie vielleicht letzten Endes nicht, aber sie regen zum Nachdenken an“, sagt die Künstlerin Lilit „L i L i t a“ Hayrapetyan. 

Die Beleuchtung war ein Hauptpunkt, den das Team in der Anfangsphase betrachtete. „Wir haben mit Schwarzweiß-Fotografie angefangen“, fährt sie fort. „Wir wollten die Lichtverhältnisse superdramatisch aussehen lassen, damit sie zur Geschichte passen. Also entschieden wir uns für einen starken Kontrast und sehr viel Hintergrundbeleuchtung.“

Natürlich ist ein visueller Stil mehr als nur scharfe Lichtkontraste. Dem Team war es wichtig, dass die Ästhetik nicht nur die Tragik von Annies Geschichte dramatisierte, sondern auch zu ihr als Charakter passte: einem fantasievollen Kind. Die ersten Experimente kehrten immer wieder zu fließenden, leicht surrealen Grafiken und düsteren, wechselnden Formen zurück – eine Art anhaltender Nebel aus Erinnerung, Fantasie und Realität.

Aber wie sieht eine vom Kopf und der Magie eines achtjährigen Mädchens geschaffene Welt tatsächlich aus? 

KLARTRAUM

Sie fanden sie im Traum. Also nicht ihrem Traum, sondern in Annies.

„Ursprünglich hatten wir die Idee, dass es eine Hauptgeschichte gibt, gefolgt von einer Traumsequenz oder einem Erinnerungsrückblick“, sagt die Küstlerin Ke „Keboom“ Swaab. Eine Zeichnung von Annie und ihrer Schwester, die durch eine traumartige Landschaft laufen – eine Mischung aus impressionistischem Gemälde und stilisiertem Grafikdesign –, regte die Vorstellungskraft des Teams besonders an (eine andere Version der Szene schaffte es in den Kunstband von League of Legends).

„Wir konnten einen einzigartigen Stil für die Erinnerungen und einen anderen für die Realität erstellen“, sagt Keboom. 

Aber bei weiteren Experimenten mit den beiden Grafikstilen kam die Idee auf, sie für eine vereinheitlichte Ästhetik der gesamten Animation zu kombinieren. Keboom versuchte sich an einer weiteren Konzeptzeichnung, um diese Vorstellung einzufangen

Dieses Werk verkörperte alles, mit dem sie bisher experimentiert hatten. Das Team hatte sein Herz verloren. Aber sie hatten Zweifel daran, ob dieser Stil als vollwertige Animation realisierbar war.

„Es war sehr idealistisch“, sagt Keboom. Sowohl die Ästhetik der Traumsequenz – mit ihren grafischen, lebendigen und kindhaften Linien – als auch die eher fotorealistische und sorgfältig beleuchtete Realität der vorigen Experimente einzubinden, wäre extrem kompliziert, wenn nicht sogar komplett unmöglich.

Dann gab es auch noch ein kleines Problem mit dem Team selbst. Es war unrealistisch, zu erwarten, dass sie jedes Bild in diesem Stil per Hand zeichnen konnten – diese Aufgabe würde Hunderte ausgebildete Illustratoren/Animatoren benötigen –, da unter der einstelligen Anzahl der Mitglieder genau null davon diese Bedingung erfüllten. „Uns gefiel aber einfach diese Optik einer Aquarellzeichnung“, sagt L i L i t a. Sie waren noch nicht bereit, die Richtung aufzugeben.

Wenn das Team mit den paar verfügbaren Händen die Animation wirklich handgemalt wirken lassen wollte, mussten sie sich ihrer eigenen Magie bedienen – und etwas erschaffen, das gemalt aussieht, sich aber wie eine Animation bewegt.

PYROTECHNIK UND MÄRCHENHAFTE FLAMMEN

„Wir mussten herausfinden, wie wir Farbe bewegen und Feuer gemalt aussehen lassen konnten“, sagt RiotPastaBomb.

„Ich ging zuerst auf YouTube und suchte mir ein paar Feuerchen“, sagt der Künstler Jose „Come2Papa“ Martin. Er ließ sie in Adobe After Effects durch einen Filter laufen und probierte unterschiedliche Kombinationen von Bildwiederholrate und Pinselgröße aus, bis die flackernden Flammen langsam (und sehr grob) wie ein Gemälde aussahen.

Come2Papa experimentierte weiter mit den Filtern, um zu sehen, wie genau er den „gemalten“ Stil seines Teams reproduzieren konnte. Es funktionierte schlussendlich sehr gut – für etwa 80 % jeder Szene. Der Filter scheiterte bei den letzten 20 %: die präzisen Pinselstriche eines echten Künstlers und der Schlüssel, um es wirklich handgemalt aussehen zu lassen.

„Ein Filter kann die ,Pinselstriche’ nur willkürlich auftragen“, erklärt L i L i t a. Der Filter reduzierte die Gesamtmenge an benötigter Handarbeit, aber es war trotzdem ein Schritt nötig, bei dem die Künstler die Bewegung auf dem Schirm per Hand lenken mussten, anstatt sie dem Zufall zu überlassen.

Und manche Sequenzen benötigten mehr als nur diese Lenkung. Es war zwar leicht genug, ein Video mit fließendem Wasser durch einen Filter laufen zu lassen und eine gute Basis für eine Wasserumgebung zu erhalten, aber etwas spezifischere Sequenzen – wie das Erscheinen einer Flamme in der Handfläche – benötigten eine volle 3D-Simulation, bevor der Filter für das Rendern im 2D-Stil einer Zeichnung verwendet werden konnte.

Um dieses Problem zu lösen, entwickelte das Team einen gemischten 2D-/3D-Prozess und damit eine neue Perspektive von Annies Pyrokinese.

„Ihr Feuer wirkt auf mich nicht gefährlich“, sagt L i L i t a. „Diese wellenartigen, wunderschönen Linien … es sind märchenhafte Flammen.“

Dieser neugefundene Prozess erzielte fantastische Ergebnisse für das Feuer. Es war an der Zeit, eine vollständige Szene zu testen.

Zuerst erschuf das Team eine Umgebung mit einem aus Fotos zusammengesetzten Bild. Danach fügten sie eine Illustration von Annie hinzu, korrigierten die Farben und verwendeten den selbsterstellten Filter, um dieses handgemalte, märchenhafte Aussehen zu erreichen. Zuletzt nahmen sie per Hand kleinere Änderungen vor, um das Ganze dreidimensionaler erscheinen zu lassen: eine Kombination aus größeren und kleineren Pinselstrichen für die Texturen, Schatten und das Licht.

Insgesamt sah das ungefähr so aus:

„Dieser Test gab uns die Zuversicht, dass wir den erhofften Stil umsetzen konnten, selbst mit einem 5-köpfigen Team“, sagt RiotPastaBomb.

Aber bei der Animation der Gesichtszüge – es war wichtig, Annie eine emotionale und realistische Darstellung zu verleihen – musste das Team hart kämpfen.

DER TEUFEL STECKT IM DETAIL

„Zuerst haben wir es mit Bewegungserfassung versucht und wollten mit den Erfassungspunkten ein 2D-Gesicht animieren“, sagt RiotPastaBomb.

Ähnlich wie mit dem Filter, der als Ersatz für nichtvorhandene Illustratoren entwickelt wurde, konnte das Team mit der Bewegungserfassung ohne Animatoren eine Animation erstellen – oder eine dreidimensionale Struktur. Wenn das Team auf diese Weise Muskeln wiedergeben (oder zumindest nachahmen) könnte, wäre eine Arbeit in 2D möglich. Aber es wirkte nicht lebensecht genug und sah in manchen Fällen einfach seltsam aus.

„Dann dachten wir über eine teilweise Verwendung von 3D nach“, sagte RiotPastaBomb. Sie versuchten, die 2D-Textur auf ein „3D-Modellgesicht“ zu übertragen und die Animation hauptsächlich in 2D zu halten, aber die erforderlichen Schlüsselmomente in 3D zu erfassen.

Dabei kam es allerdings zu anderen Problemen.

„Es war unheimlich kompliziert, Annies Gesicht zu drehen, ohne dass es seltsam aussah“, sagt RiotPastaBomb. „Wir sprechen hier von fünf verschiedenen Modellen. Aber es gab auch Hoffnung: Wir fanden heraus, wie wir die Haare – ein sehr kompliziertes Unterfangen in 3D – vollständig mit 2D-Techniken animieren konnten, indem wir Verzerreffekte in After Effects verwendeten.“ Und noch ein Hoffnungsschimmer: Die gleiche Methode funktionierte auch für Annies Kleid.

Eine große Schwierigkeit bestand darin, Annies Gesicht immer auf die gleiche Weise zu animieren. „Es war kein richtiges 3D-Modell mit einer einzigen, tatsächlichen Geometrie, die immer gleich bleibt – jeder Winkel und jede Änderung des Lichteinfalls ließ es anders aussehen“, erklärt RiotPastaBomb. Sie konnten sich nie sicher sein, wie Annie von jedem Blickwinkel aus aussehen sollte.

Das Team war zwiegespalten. Mit 3D würde alles „perfekt“ aussehen und die Animation einheitlich halten. Gemälde sind aber kein perfekt einheitliches Medium – für ein handgemaltes Aussehen musste es etwas weniger perfekt wirken.

Schlussendlich entschied sich das Team für eine Mischung ihrer bisherigen Versuche: 3D sollte der Animation eine grundlegende Beständigkeit bieten und 2D sollte die Nuancen eines handgemalten Bilds einfangen. Der eigens erschaffene Filter brachte die gemalte Grundlage und die letzten Details wurden per Hand gezeichnet und schattiert. Eine vollkommen unvollkommene Mischung des Realen und des Fantastischen – zweifellos wie geschaffen für Annie.

Das Team hat monatelang alles Mögliche ausprobiert und über ein ganzes Jahr mit Szenenbüchern, 3D-Modellerstellung, 2D-Texturierungen, Filtern, Cel Shading, Handzeichnungen und Animieren verbracht, um Annies Anfänge zum Leben zu erwecken. Die Technik hat sich seit den Anmeldebildschirmen weiterentwickelt und das Team hat eine Animation erschaffen, die nicht nur eine persönliche Reise, sondern auch ein Experiment mit animierten Grafiken war.

Aber für Annie ist es erst der Anfang.

Sieh dir für weitere Einblicke in den Entwicklungsprozess des Teams das „Hinter den Kulissen“-Video an.

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