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/dev: Kayn und der Duschjäger

Ein Blick hinter die Kulissen von Riots Lokalisierungsarbeit – und was manchmal schiefläuft.

Nach sechzehn Patches ohne neuem Assassinen oder einer Klassenaktualisierung stand endlich Patch 7.14 in den Startlöchern. Ein tödlicher Düsterer mit einer knallharten lebenden Kriegssense wollte die Kluft der Beschwörer im Sturm erobern und der bedrohliche Champion hatte einen ebenso dunklen, brütenden Skin im Gepäck: Seelenjäger-Kayn. Oder wie er in Russland hieß … Duschjäger-Kayn!

Moment … was?

Willkommen in der wundervollen und verrückten Welt der Lokalisierung. Wir sind Tyler „Riot Jaggasaurus“ Jaggers und Ness Piper, und haben das große Glück, Teil eines globalen Teams zu sein, das dabei hilft, League in 24 verschiedenen Sprachen in über 18 Regionen zu veröffentlichen. Heute sprechen wir über die Magie der Lokalisierung bei Riot und wie der erste Duschjäger geboren wurde.

Was zum Teufel ist Lokalisierung?

Wie die meisten Spieler wissen, erscheinen ungefähr alle zwei Wochen Patches für League of Legends, die von neuen Spielmodi, Skins, Champions bis hin zu komplett neuen Systemen wie den neuen Runen alles beinhalten können. Darüber hinaus veröffentlicht Riot Videos, Soundtracks, Artikel (wie diesen hier), League-inspirierte Spiele wie Blitzcrank’s Poro Roundup und sogar epische E-Sport-Veranstaltungen. Diese Inhalte sind nicht nur für die englischsprechende Spielerschaft, sondern für Spieler überall auf der Welt.  Wie stellen wir sicher, dass die Inhalte überall gut ankommen, ganz egal in welchem Land? Das ist teilweise der Verdienst von Riotern in der Lokalisierungsabteilung sowie ihren Partnern.

Lokalisierung oder L10n, wie man es im Fachjargon nennt (10 Buchstaben zwischen dem L und dem N im englischen Wort Localization), ist der allgemeine Adaptionsprozess eines Produkts oder Inhalts an eine spezifische Region oder einen Markt. Übersetzung ist zwar ein wichtiger Teil dieses Prozesses, macht dabei aber nicht alles aus. Riot arbeitet mit vielen verschiedenen Medien darunter Tonaufnahmen, grafischen Inhalten, Systemen, die via Text mit Spielern interagieren, und sogar gedruckten Materialien wie Brettspielen. Wie diese einzelnen Produkte lokalisiert werden, hängt sehr vom jeweiligen Fall sowie seinen spezifischen Anforderungen ab.

Traditionell bedeutet Lokalisierung, zu warten, bis das Material für den heimischen Markt finalisiert wurde, um dann mit dem Lokalisierungspinsel einmal drüber zu malen. Dann kann das Produkt auch im Ausland verkauft werden. (Mit anderen Worten: für dich selbst herstellen, übersetzen, im Ausland verkaufen.) Für traditionelle Produkte wie Coca-Cola-Dosen mag das funktionieren, aber für Software ist das nicht der Fall – und für Videospiele schon gar nicht. Um ein Spiel oder die Aktualisierung eines Spiels für Spieler auf der ganzen Welt zu designen, macht sich Riot bereits zu Projektbeginn Gedanken zur Lokalisierung oder Internationalisierung (I18n, Internationalization). Die Planung einer weltweiten Veröffentlichung in den frühen Phasen der Entwicklung ist auch als Globalisierung (G11n, Globalization) bekannt … (Ganz schön viele Abkürzungen!)

Internationalisierung und Globalisierung lassen wir heute mal beiseite, da es sich hierbei um ganz eigene Kunstformen handelt. Heute konzentrierten wir uns ganz auf Spielelokalisierung und wie wir die regionalen Erfahrungen für Spieler kreieren (oder manchmal auch versauen).

Lokal gegen zentral

Bei traditionelleren Herausgebern ist das Projektmanagement für die Lokalisierung in einem zentralen Entwicklerbüro dafür zuständig, die Ressourcen für Übersetzung, das Lektorat und/oder die LQA (linguistische Qualitätssicherung) zu koordinieren. Aus vielen verschiedenen Gründen folgen wir bei Riot einem dezentralisierten Modell.

Letztendlich bedeutet dieser hochtrabende Begriff, dass die beste Person für die Lokalisierung aus der Region stammt, für die lokalisiert wird. In Los Angeles gibt es zwar Produzenten für die Lokalisierung wie Tyler und mich, und wir arbeiten auch wie Produzenten, organisieren Zeitpläne und nehmen an Tests teil. Wir stellen aber eher sicher, dass die Entwickler Lokalisierungsstandards im Hinterkopf behalten, damit unsere Kollegen in den jeweiligen Regionen sich ganz auf ihre Spezialität konzentrieren können: richtige gute Spielererfahrungen für das lokale Publikum zu kreieren.

Im Großen und Ganzen haben unsere regionalen Lokalisierungsteams freie Hand, wenn es darum geht, die beste Version eines Inhalts für ihre Region zu erstellen. Neben den Qualitätsansprüchen müssen diese Teams auch noch dafür sorgen, dass die Masse an Arbeit, die das zentrale Büro an sie rausgibt, rechtzeitig wieder zurückkommt. Nur als Anhaltspunkt: Innerhalb eines Monats können wir bis zu einer Viertelmillion Wörter veröffentlichen und dazu kommt noch jede Menge Sprachausgabe, die aufgenommen werden muss, sowie Grafiken in den verschiedenen Videos von uns! Während größerer Patches wie zur Vorsaison oder zur WM schießt die Zahl der Inhalte noch einmal in die Höhe, weil Riot und die Spieler diese wichtigen Veranstaltungen feiern.

Da die Lokalisierungsteams die Kontrolle über ihre Inhalte haben, entscheiden sie darüber, wie sie ihren Spielern am besten Gutes tun können. Das Ergebnis sind ein paar einzigartige Erfahrungen für die jeweiligen Regionen, die den Spielern hoffentlich gefallen haben. Dazu zählen auch einige der verrückten Tonaufnahmen, die wir in der Vergangenheit durchgeführt haben:

IllaoI

 

Ein Blick hinter die Kulissen: Unser EU-Team hat auf ein lokales ungarisches Talent zurückgegriffen, um Illaoi wirklich zum Leben zu erwecken.

Championvertonung zur Veröffentlichung in Japan

So viele bekannte Namen und Gesichter! Sieh dir an, wie unser japanisches Team an den Championstimmen für die Veröffentlichung von League of Legends in Japan gearbeitet hat.

Wenn sie das Spiel übersetzen, sowohl die Artikel für die Webseite als auch alles, was im Spiel zu sehen ist, können die Lokalisierungsteams und ihre externen Partner die Hintergrundgeschichte und unsere Champions wirklich zum Leben erwecken. Im Zuge dieses kreativen Prozesses kann der jeweilige Übersetzer den englischen Originaltext auch anpassen oder verändern, damit er beim lokalen Publikum besser ankommt. Einer der Übersetzer in unserem Büro in Hongkong erklärt das so: „Übersetzen heißt, die Entfernung zwischen dem Original und der Übersetzung zu manipulieren.“

Ein Beispiel hierfür ist die deutsche Übersetzung von zwei Kommentaren des Skins „Lux der Elemente“. Englische Liedtexte in Championkommentaren sind immer etwas kompliziert, da der Champion nicht einfach anfangen kann, Englisch zu sprechen. Aber immerhin treffen diese beiden Zitate aus dem „Erlkönig“ von Goethe die Grundstimmung des Lieds der Moody Blues.

Lux der Elemente

„Bleed the colors from their sight. Breathe deep the gathering gloom.“

Late Lament von den Moody Blues

„Lass die Farben ausbluten.
Atme die Düsternis tief ein, die sich zusammenbraut.“

Wörtliche Übersetzung aus dem Englischen

„Was birgst so bang du dein Gesicht?
Und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt.”

Erlkönig von Goethe

Auch die Lokalisierung von Kled war sowohl interessant als auch sehr herausfordernd. Der vogelwilde Yordle spuckt hitzköpfig mit Phrasen um sich, die außerhalb von Nordamerika nicht unbedingt Sinn ergeben. Und da viele dieser Sätze onomatopoetisch sind, kommunizieren sie eher seine Gefühle als vollständige Gedanken oder Ideen. Unser spanisches Lokalisierungsteam hatte jede Menge Spaß dabei, ein Kauderwelsch zu erfinden, das seinen exzentrischen Animationen gerecht wird:

Kled

„Dagnabbit!”

Englisches Original

„¡Jodoño!”

Spanisches Fantasiewort

Diese Rioter sowie ihre externen Partner leisten auch andere Dienste. Zum Beispiel stellen sie sicher, dass spezielle Inhalte für ihre Region relevant sind – Events, die auf den Sommer der Nordhalbkugel ausgelegt sind, kommen im Winter auf der Südhalbkugel nicht so gut an, wie du dir sicher denken kannst. Die Lokalisierungsteams arbeiten auch mit den regionalen Teams für Veröffentlichungen, Rechts- und Markenfragen und/oder das Spielerverhalten zusammen, um gesetzliche Schwierigkeiten oder Geschmackfragen für neue Produkte zu klären. In einigen Region wie z. B. China können Blut und übertriebene Brutalität nicht dargestellt werden. In anderen Regionen gibt es lokale Gesetze oder Gepflogenheiten, die beeinflussen, wie die Beziehungen von Champions aussehen, oder ob sie trinken und rauchen können. Da sie sich in vielerlei Angelegenheiten auf die Hilfe von regionalen Experten verlassen, können die Produktteams ihre Inhalte und Funktionen reibungslos vorbereiten und weltweit veröffentlichen.

Wie koordiniert man das Ganze?!?! 

Es kann definitiv ziemlich hektisch werden, wenn man mit den Bergen an E-Mails, Slack-Nachrichten, Besprechungen, Gesprächen unter vier Augen usw. mithalten will. Und hier kommen Tyler und mein Team ins Spiel. Wir pflegen nämlich nicht nur die Beziehung zu den Spieleentwicklern, sondern entwickeln auch Werkzeuge, die den Lokalisierungsprozess unterstützen können. Einige unserer wichtigeren Werkzeuge verringern Informationsüberflutung, lassen unsere regionalen Lokalisierungsteams ihre Lokalisierungs- und Testanfragen organisieren und priorisieren, und lagern größere Teile online aus.

Da wir die Lokalisierungsproduzenten sind, die den Entwicklern am nächsten stehen, koordinieren wir uns auch mit den Produktteams und unseren regionalen Lokalisierungsteams, um die Internationalisierung und die Lokalisierungsqualität für jede Funktion von League of Legends zu testen. Obwohl Tyler ziemlich kompetent Japanisch spricht und ich mich mehr oder weniger auf Spanisch ausdrücken kann, haben wir noch lange nicht alle Sprachen gemeistert, die Riots Spieler sprechen – aber zum Glück haben wir mächtige Verbündete, die uns helfen!

Kayn, der Duschjäger

Unsere linguistische Qualitätssicherung wird von einem Team internationaler Tester durchgeführt, die in Montreal arbeiten. Die Mitarbeiter dieses Teams beherrschen ihre Muttersprache nicht nur außergewöhnlich gut, sondern verfügen auch über sehr gute analytische Fähigkeiten sowie eine Prise professionellen Pessimismus, der sie zu hervorragenden linguistischen Testern macht. Dieses Team arbeitet eng mit den Riot-Entsprechungen in den jeweiligen Regionen sowie dem Team für funktionelle Tests (ebenfalls in Montreal) zusammen, um Funktionen zu checken, Testpläne zu erstellen sowie Fehler und Probleme der Lokalisierungsqualität zu finden, bevor ein Inhalt veröffentlicht wird.

Auch bei all der Sorgfalt, die diese genialen Tester an den Tag legen, kann es passieren, dass ein Fehler aus dem einen oder anderen Grund durchrutscht. Manchmal verwendet ein Übersetzer einen Namen für ein Produkt und folgt dabei nicht immer streng den grammatikalischen Regeln, was im richtigen Kontext aber durchaus Sinn ergeben kann. Im Fall von Wortspielen wie „Weihnachts-Braum“ oder „Mops’Maw“ zum Beispiel. Es kann allerdings zu Problemen kommen, wenn der Übersetzer und der Tester nicht auf derselben Wellenlänge sind, was künstlerische Freiheit und grammatikalische Fehler angeht.

In Russland hatten wir dieses Jahr mit dem „Seelenjäger-Kayn“-Skin ein ziemlich außergewöhnliches Beispiel dafür. Der Skin sollte ursprünglich „Seelenstehler-Kayn“ heißen. Als der Name von Seelenstehler zu Seelenjäger geändert wurde, musste er für alle Sprachen neu übersetzt werden. Und hier liegt der Hund begraben. Der Übersetzer in Russland sah, dass aus „Stehler“ „Jäger“ geworden war, und änderte nur diesen Teil des Namens. Auf Russisch kann die Beugung eines Wortes abhängig vom folgenden Wort seine Bedeutung komplett ändern. Und unsere linguistischen Tester dachten fälschlicherweise, dass die Übersetzer sich bei der Schreibweise von „Seelen“ künstlerische Freiheiten genommen hatten, um sie dem vorherigen Kontext anzugleichen, und machten nicht auf die kuriose Schreibweise aufmerksam. Indem er also nur „Stehler“ in „Jäger“ umänderte und „Seelen“ nicht dementsprechend beugte, erschuf der Übersetzer ungewollt Охотник на Душ, unseren ersten Duschjäger.

Wir entdeckten das Malheur genau dann, als der Patch veröffentlicht wurde, und konnten den Namen nicht mehr rechtzeitig ändern. Allerdings ist es uns sehr wichtig, dass die Spieler aller Regionen das Gefühl haben, dass ihre Stimme gehört wird. Unser russisches Team nahm den Fehler auf seine Kappe und bevor sie Kayns enge Beziehung mit reinigenden Räumlichkeiten im nächsten Patch ausbessern konnten, veranstalteten sie einen Meme-Wettbewerb für „Duschjäger-Kayn“, dessen Gewinner sowohl Kayn als auch seinen Skin bekam (weil er es sich wert war). Das war ziemlich genial!

Auf die Loka, fertig, los!

Wir hoffen, dass dieses Erlebnis zusammen mit unseren, ähem, etwas besser geplanten Anstrengungen unseren Spieler so viel Freude macht, wie uns, daran zu arbeiten! Danke, dass du dir die Zeit genommen hast, unsere Arbeit ein bisschen besser kennenzulernen. Wenn wir uns nicht in den Kommentaren sehen, dann spätestens in der Kluft!

Keyifli Oyunlar!

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